Bjørn

08.12.2025

8 min

Was du in diesem Beitrag findest:

Title

Title

Title

Der Stabwechsel im Handwerk ist eine Mammutaufgabe. Dazu kommen große Gefühle, denn meist ist der Betrieb ein Lebenswerk. Trotzdem stehen 2025 laut KfW und ZDH rund 600.000 kleine und mittelständische Unternehmen vor einer Nachfolge.

Bis 2030 fehlen allerdings 125.000 Nachfolger/innen. Bis 2045 sollen es laut Deutschlandfunk sogar 450.000 sein. Wer einen Betrieb kaufen möchte, findet Firmen mit soliden Kundenstämmen und eingespielten Teams, die eine zeitnahe Nachfolge suchen.

Kauf vs. Verkauf – so viel passiert im Handwerk

Auch ein aktueller ZDH‑Report von 2025 geht davon aus, dass über 130.000 Handwerksbetriebe in Deutschland kurzfristig eine/n Nachfolger/in suchen bzw. ihren Betrieb verkaufen wollen; gleichzeitig heißt es, dass etwa ein Drittel keine Nachfolge finden wird. Die Gründe: Alternde Eigentümer/innen, sinkende Gründungsbereitschaft und die zunehmende Bürokratie.

Auch deshalb überlegen 27 Prozent der Geschäftsverantwortlichen, ihren Betrieb zu schließen. Für einen Kauf ist das allerdings ein günstiger Moment: Erfahrene Mitarbeitende in eingespielten Strukturen bedeuten oft Einnahmen vom ersten Tag an.

Käufermarkt mit strukturellen Problemen

  • Alternde Gesellschaft: Viele Meister/innen der Babyboomer‑Generation treten in den Ruhestand; allein in Thüringen sind über 11.000 der 28.000 Betriebe mit Inhaber/innen ab 55 Jahre betroffen.

  • Sinkende Gründungsbereitschaft: Unsichere Zeiten machen das Angestelltenverhältnis attraktiv, weshalb weniger Personen ein Unternehmen übernehmen wollen.

  • Bürokratie & hohe Anforderungen: Die gesetzliche Regulierungsdichte schreckt potenzielle Nachfolger/innen ab; viele Unternehmen müssen außerdem digitalisiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Betriebsprüfung im Handwerk: Was weißt du über Markt, Wettbewerb und Betrieb?

Viele Betriebe stehen also demnächst ohne Nachfolger/in da. Deshalb bleibt oft nur die Schließung oder der Verkauf. Hier kommst du ins Spiel und kannst ein lukrativ laufendes Geschäft übernehmen. Bevor du das tust, solltest du allerdings den Markt, den Wettbewerb und den Betrieb genau prüfen. Dadurch lassen sich Chancen erkennen, Risiken minimieren und es lässt sich ein realistischer Kaufpreis bestimmen.

Marktanalyse: Bedarf, Fachkräfte, Konjunkturausblick

Bevor du in einen Betrieb einsteigst, solltest du die Marktbedingungen verstehen, in denen du ihn führen musst.

Welche Nachfrage gibt es für das Gewerk?

Prüfe vor dem Kauf, ob für das betreffende Gewerk ausreichend Aufträge zu erwarten sind und ob Trends wie Energieeffizienz, Sanierung oder digitale Haustechnik langfristige Nachfrage schaffen. Lange Wartezeiten bei handwerklichen Dienstleistungen weisen auf einen großen Bedarf hin. Schau dir Medienberichte an und untersuche die aktuellen Arbeitsmarktzahlen insbesondere im entsprechenden Gewerk.

Gibt es einen Fachkräftemangel?

Obwohl die meisten handwerklichen Betriebe bereits über einen festen Stamm an Mitarbeitenden verfügen, solltest du aufgrund der Nachfrage einem Mehrbedarf begegenen können. Kläre, ob sich zusätzliche Mitarbeiter/innen finden lassen. Informier dich außerdem über die Qualifikationen im Team und erörtere Entwicklungsmöglichkeiten vor dem Kauf.

Wie wird sich der Markt entwickeln?

Informiere dich über konjunkturelle Aussichten und regionale Bau‑ oder Sanierungsprogramme. Förderprogramme wie das ERP‑Beteiligungsprogramm oder Kredite der KfW können den Einstieg erleichtern. Auch politische Vorhaben spielen dabei eine Rolle. Garantierte Sicherheiten gibt es dabei allerdings nicht.

Wettbewerbssituation in deiner Region

Wenn du einen Betrieb übernehmen möchtest, solltest du dir dessen Mitbewerber anschauen: Welche Betriebe gibt es in derselben Region? Wie viele sind es, wie groß sind sie und haben sie irgendwelche Spezialisierungen? Wie unterscheiden sich die Preisstrategien der unterschiedlichen Betriebe? Eine genaue Konkurrenzanalyse hilft, Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren und realistische Marktanteile zu erwarten.

Den Betrieb auf Herz und Nieren prüfen

Nachdem du dir einen Überblick über den Markt und die Konkurrenz verschafft hast, folgt die Prüfung des konkreten Betriebs.

Wie prüfe ich einen Auftragsbestand richtig?

Sichere dir eine Liste der laufenden Aufträge: Welche Verträge bestehen, wie lange laufen sie, gibt es besondere Kündigungsrechte? Achte darauf, ob die erteilten Aufträge ausreichend dokumentiert sind. Prüfe das Auftragsvolumen, die Zahlungsziele und die Risiken. Ein hoher, vertraglich gesicherter Auftragsbestand ist buchstäblich Gold wert, sollte aber korrekt bestimmt werden können.

Finanzen und wirtschaftliche Lage (36–60 Monate)

Willst du investieren, sollten die finanziellen Angaben des Betriebs auf jeden Fall korrekt sein. Untersuche Umsatz, Ergebnis, Liquidität und Betriebskapital der vergangenen drei bis fünf Jahre. Im AWH‑Verfahren werden außergewöhnliche Einflüsse bereinigt und ein Unternehmerlohn angesetzt, um die „echte Ertragskraft“ zu bestimmen. Kennzahlen wie Eigenkapitalquote, Liquiditätsgrad und offene Forderungen zeigen, ob ein Betrieb solide aufgestellt ist.

Neben Finanzschulden sind auch nicht bilanzierte Verbindlichkeiten wie Urlaubs‑ oder Überstundenrückstellungen zu berücksichtigen.

Wie ist die Kundenstruktur?

Bewerte, wie viele Kunden regelmäßig bestellen, wie loyal sie sind und ob der Betrieb von wenigen Großkunden abhängig ist. Eine zu starke Abhängigkeit von Einzelkunden erhöht das Risiko. Das AWH‑Bewertungsverfahren berücksichtigt diese Faktoren und gewährt höhere Multiplikatoren für Betriebe mit breiter Kundenbasis.

Das Team

Prüfe Anzahl, Alter, Qualifikation und Betriebszugehörigkeit der Mitarbeitenden.

  • Teamaufstellung: Du solltest darauf achten, einen Betrieb zu übernehmen, der ein motiviertes und ausgewogenes Team aus Azubis, Gesellen und eventuell Meistern besitzt.

  • Leistungsträger und Spezialwissen: Gibt es Mitarbeitende mit besonderen Qualifikationen oder Kundenkontakten, deren Verbleib unbedingt gesichert werden sollte?

  • Übernahme des Personals: Vereinbare frühzeitig, dass bestehende Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB mit allen Rechten und Pflichten nach dem Kauf auf Dich übergehen; Loyalität lässt sich durch Beteiligungsmodelle oder Bonusprogramme fördern.

Wie ist die technische Ausstattung und gibt es einen Investitionsstau?

Begutachte Maschinen, Fuhrpark und Software. Ein digital aufgestellter Betrieb erhöht die Attraktivität; laut Branchenportalen suchen viele beim Kauf vor allem Betriebe mit modernen Geräten und digitalisierten Prozessen.

Wie funktionieren die internen Betriebsabläufe?

Untersuche Arbeitsabläufe, Organisation und Dokumentation. Gibt es klare Verantwortlichkeiten, funktionierende Qualitäts‑ und Sicherheitsprozesse, eine moderne IT‑Infrastruktur? Schon kleine Prozessoptimierungen können den Gewinn erhöhen.

Welche Leistungen werden erbracht und gibt es Potenziale für neue Geschäftsfelder?

Analysiere das Leistungsportfolio. Können neue Services wie Photovoltaik, Energieberatung oder Gebäudetechnik integriert werden? Eine Erweiterung kann Wachstumspotenzial bieten, sollte aber zur Kernkompetenz passen.

Welche Alleinstellungsmerkmale besitzt der Betrieb?

Identifiziere Spezialisierungen oder Qualitätsmerkmale, z. B. Handwerk mit eigener Fertigung, zertifizierte Qualitätssiegel oder ein herausragender Kundenservice.

Ist der Betrieb digital optimal aufgestellt?

Digitale Prozesse (z. B. Cloud‑Software, digitale Zeiterfassung und Kundenmanagement) machen Betriebe effizienter und für eine Nachfolge attraktiver. Eine digitale Buchhaltung erleichtert zudem die Due Diligence.

Die Psychologie des Loslassens: Wie gelingt die Übergabe?

Die Übergabe eines Handwerksbetriebs ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine persönliche Zäsur. Viele Inhaber/innen erleben dabei eine Identitätskrise: „Ich wollte eigentlich nie verkaufen, aber ich wollte auch nicht, dass alles, was ich aufgebaut habe, verschwindet“, sagt ein befragter Chef.

Weitere Hürden sind der Wunsch nach Kontrolle über den Verkauf hinaus und zu späte Mitteilungen im Team. Wenn Mitarbeitende erst beim Notartermin vom Verkauf erfahren, zerstört das Vertrauen und führt zur Abwanderung von Leistungsträgern.

Wie gelingt die Übergabe?

  • Führe transparente Gespräche, die gern auch den persönlichen Hintergrund des Verkäufers berühren dürfen. Wichtig ist zu verstehen, ob ein/e Inhaber/in wirklich verkaufen möchte.

  • Kommunikation: Beziehe auch beim Kauf die Mitarbeitenden mit ein. Dadurch fühlen diese sich nicht nur mitgenommen, sondern du erhältst auch einen ersten Eindruck der Charaktere, Qualifikationen und Entwicklungsmöglichkeiten im Team.

  • Gleitender Übergang: Viele Berater/innen empfehlen, dass du eine/n ehemalige/n Inhaber/in tatsächlich noch ein, zwei Jahre als Mentor/in im Betrieb behältst. So hast du ausreichend Zeit, an Wissen und Kundenbeziehungen anzuknüpfen.

Rechtliche Fragen bei der Übergabe

Vorweg: Dieser Abschnitt ersetzt keine Rechtsberatung; bitte ziehe bei Bedarf Fachleute hinzu.

Ein rechtsicherer Kaufvertrag verhindert spätere Streitigkeiten. Deals scheitern nicht an der großen Vision, sondern am Kleingedruckten. Prüfe deshalb genau, welche Erwerbsart zu dir passt, ob ein Meistertitel nötig ist und wie du Kaufpreisstreitigkeiten löst.

Welche Erwerbsart (Kauf, Pacht, Schenkung) ist die beste Option?

  • Unternehmenskauf: Beim vollständigen Unternehmenskauf erwirbst du das gesamte Unternehmen und wirst per Kaufvertrag Inhaber/in. Viele Käufer/innen entscheiden sich für diese Variante, weil sie volle Entscheidungsfreiheit gibt. Der Nachteil sind hohe Einmalzahlungen bzw. hohe Kreditsummen.

  • Anteilskauf: Du kaufst nur einen Teil der Gesellschaftsanteile. Vorteil: geringere Kosten und weniger Verantwortung; Nachteil: keine vollständige Entscheidungsfreiheit.

  • Kauf gegen Rentenzahlung: Statt einer Einmalzahlung wird die vereinbarte Verkaufssumme als monatliche Rente über mindestens 25 Jahre gezahlt; das sichert die Versorgung von ehemaligen Inhaber/innen ab.

  • Pacht: Bei der Pacht übernimmst du nur die Unternehmensführung; das Eigentum bleibt beim Verpächter. Diese Variante ist interessant, wenn du dir den Unternehmenskauf noch nicht leisten kannst oder den Betrieb nur vorübergehend führen möchtest.

  • Schenkung: Innerhalb der Familie wird der Betrieb häufig unentgeltlich übertragen. Beachte jedoch die Schenkungssteuer, die je nach Verwandtschaftsgrad zwischen 7 % und 50 % betragen kann.

Ist für die Fortführung eines Betriebes ein Meistertitel erforderlich?

Nein – zumindest nicht unbedingt. In zulassungspflichtigen Gewerben kann die Leitung auch ohne eigenen Meistertitel funktionieren, wenn für die technische Bereichsleitung jemand mit Meisterbrief eingestellt wird oder ein Bachelor‑Abschluss im entsprechenden Fachbereich vorliegt. Die Handwerksordnung ermöglicht außerdem Ausnahmegenehmigungen durch die Handwerkskammern.

Nur in bestimmten Berufen wie Hörgeräteakustik oder Zahntechnik bleibt der Meisterbrief zwingend. Teilweise ersetzt auch z. B. ein/e langjährige/r Mitarbeiter/in die Meisterpflicht. In zulassungsfreien Gewerben ist jedenfalls kein Meistertitel erforderlich.

Was, wenn wir uns beim Preis nicht einig werden? (Earn‑Out)

Wenn Verkäufer/innen und Käufer/innen unterschiedliche Vorstellungen vom Kaufpreis haben, können Earn‑Out‑Klauseln eine Brücke schlagen. Earn‑Outs koppeln einen Teil des Kaufpreises an Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn. So lassen sich hohe Kaufpreisforderungen im Verkauf mit deinen Risikobedenken versöhnen.

Ein Beispiel: Ein Käufer bietet 350 000 €, das Gegenüber fordert 500 000 €. Durch eine Einigung auf 350 000 € fix und weitere bis zu 150 000 € als Earn‑Out innerhalb von drei Jahren, die nur bei Erreichen definierter Ziele ausgezahlt werden, wird das Risiko geteilt. Alternativ können Darlehen oder Ratenzahlungen per Kauf gegen Rente genutzt werden.

Fazit

Der Kauf eines Handwerksbetriebs ist gleichzeitig Herausforderung und Chance. Einerseits stehen Zehntausende Betriebe altersbedingt zur Übergabe an – viele davon drohen ohne Nachfolge geschlossen zu werden. Andererseits kannst du beim Kauf auf bestehende Kunden, erfahrene Mitarbeitende und funktionierende Strukturen setzen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer gründlichen Prüfung des Marktes und des Betriebs, einer realistischen Bewertung samt kluger Preisgestaltung sowie einer sensiblen Gestaltung der Übergabe.

Mit anderen teilen
Mehrwert für den Betrieb

✅ Digitale Plantafel ✅ Mobile Zeiterfassung ✅ Terminplanung und Abnahme

E-Mail für dich?

E-Mail für dich?

Abonniere unseren Digitalisierungs-Newsletter und bleib immer auf dem Laufenden.
Wir versenden im Monat maximal 1 bis 2 E-Mails.

Du kannst dich jederzeit aus dem Verteiler austragen. Datenschutzbestimmungen.

Jetzt kostenlos loslegen

Jetzt kostenlos loslegen

Gerade keine Zeit? Buche eine Demo bei unserem Support.